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Sonntag, Mai 19, 2024

Review – Baldurs Gate 3 – Mehr als nur ein einfaches Rollenspiel

Seit einigen Jahren schreibe ich jetzt zu den verschiedensten Spielen – doch dieser Bericht hier fordert mich wirklich heraus. Vielleicht dachten sich das auch die Entwickler von Larian Studios, als vor einigen Jahren Baldurs Gate 3 in die Entwicklung und den Early Access ging – was für eine Herausforderung! Aber im positiven Sinne. Denn was zum Release am 03.08.2023 letztendlich nach einem echt langem Early Access dabei heraus gekommen ist, das weiß mehr als nur zu überzeugen. Das erste Kapitel war im Early Access verfügbar und ich habe hier einige Stunden investiert – bevor ich abgebrochen und beschlossen hatte, auf den Release zu warten. Und das hat sich definitiv gelohnt. Allerdings dümpel ich immer noch in Kapitel 1 herum. Das Spiel bietet an jeder Ecke Ablenkungen, die mich fesseln und dazu zwingen, abseits der Geschichte Sachen zu entdecken.

Das besondere, das Baldurs Gate 3 ausmacht ist, dass es sich nicht nur die Welt mit dem Pen & Paper “Dungeons and Dragons” teilt, sondern auch das entsprechende Regelwerk. Das macht das Spiel tiefgehender, als ich es aus anderen Spielen kenne – und das auf allen Ebenen, nicht nur geschichtlich. An jeder Stelle werden die Würfel gerollt und geprüft. Nutzen wir in Dialogen Entscheidungen, so sehen wir unseren Würfeln beim Rollen direkt zu und können durch Fähigkeiten und anderen Möglichkeiten unser Würfelglück ausbessern. Hier setzt Larian spürbar auf das Regelwerk und lässt uns komplett in die Welt eintauchen.

Auch die Geschichte fesselt. Sie lässt uns zu beginn in einer unschönen Situation zurück – wir sind Gefangener der Illithiden, Wesen mit Tentalken und durchdringenden gelben Augen. Um neue Illithiden zu schaffen nutzen diese wiederum Larven, welche den Opfern eingesetzt werden und sie somit langsam auch zu einem Gedankenschinder macht. Zwar gelingt uns die Flucht aus der Gefangenschaft, aber genau wie unsere ersten Begleiter haben wir nun einen Parasiten im Kopf, der uns innerhalb von sieben Tagen in ein Monster zu verwandeln.

So zumindest die Grundgeschichte. Recht schnell stellen wir aber fest, das etwas anders ist, als üblich. Ungeplant werden wir somit Teil eines größeren, undurchsichtigen Ganzen. Somit beginnt die Geschichte und entlässt uns hinaus in die Welt, in der es verschiedene Gruppierungen und Entscheidungen gibt. Wie wir diesen Weg beschreiten, das bleibt gänzlich uns überlassen. Und dabei lässt Larian uns auch einen durch und durch bösen Charakter darstellen. Welche Entscheidungen wir treffen, ist nicht immer einfach oder sofort werden die Konsequenzen klar. Auch wem ihr vertraut bleibt, bis auf sehr wenige seltene Momente, komplett euch überlassen. Den Goblins und ihren Verbündeten vertrauen und gemeinsam einen Angriff auf Unschuldige führen? Oder doch lieber den Unschuldigen helfen und den Angriff bekannt geben und die Verteidigung planen? Das bleibt gänzlich uns überlassen. Die Entwickler selbst haben im Verlauf der ersten Tage nach dem Release auch betont, man solle aufhören in den gewohnten Bahnen zu denken. In einer Situation z.B. kam ich nicht an den Wachen vorbei – die Kämpfe waren mir zu schwer. Also habe ich mir die Umgebung angeschaut und bin letztendlich dahinter gekommen, dass ich einfach das riesige Spinnennetz verbrenne und mir meinen Weg unterirdisch bahne. Das hat geklappt! Ihr müsst irgendwo hinauf? Stapelt Kisten oder andere Sachen, die zu sehen sind.

Doch genug dazu – das Abenteuer beginnt bereits beim Erstellen eures Charakters. Hier bietet das Spiel verschiedene Möglichkeiten. Es gibt alle der ersten Begleiter auch als Origin-Charakter zur Auswahl, sodass wir nicht einen eigenen Charakter haben, sondern das Spiel aus der Sicht – inklusiver der Geschichte – einer Origin erfahren. Eine dieser Origin ist das dunkle Verlangen – das Aussehen bestimmen wir selbst, aber die Hintergrundgeschichte ist festgelegt. Ohne zu Spoilern: Diese Origin ist gewöhnungsbedürftig und bietet einige Möglichkeiten, die andere Origins auf gar keinen Fall bieten.

Für mich war klar, ich möchte mindestens den ersten Durchlauf mit meinem ganz eigenen Charakter erleben. An dieser Stelle kann Baldurs Gate 3 bereits schnell überfordern, denn die zwölf Klassen haben alle auch noch Unterklassen, welche festlegen, welche Fähigkeiten, Talente, Zauber und Waffen- oder Rüstungsspezialisierungen unser Charakter hat. Hier ist meine klare Empfehlung, die Toolstips zu lesen, wenn ihr euch nicht mit Dungeons and Dragons auskennt. Auch die Tutorialnachrichten, welche ihr im Spielverlauf immer wieder erhaltet, sind hier sehr hilfreich. Manche Ideen und Funktionen hätte ich gar nicht gefunden, ohne diese. Somit kann man ganz ohne Probleme bereits die ersten Stunden allein im Charaktereditor verbringen. Zumal auch optisch hier einiges möglich ist, die Entwickler beschränken die eingebauten Funktionen so gut wie gar nicht. Selbst die Geschlechtsmerkmale sind gestaltbar und auch in manchen Zwischensequenzen sichtbar. Das Spiel ermöglicht ein Eintauchen in einer besonderen Tiefe.

Wie bereits kurz erwähnt, bietet Baldurs Gate 3 unglaublich viele Möglichkeiten. Im Grunde genommen wird die Spielwelt uns vor die Füße gelegt – der Rest liegt in der Hand der Spielerschaft. Und hierbei ist es egal, ob wir mit unseren NSC-Begleitern durch die Welt ziehen oder im kooperativen Multiplayer mit bis zu drei weiteren Freunden. Die Freiheit, die wir in dieser Welt haben, bezieht sich auf Dialoge, Quests, Kämpfe, Rätsel und dergleichen. Mein Druide hat z.B. mit Spinnen gesprochen – statt mich anzugreifen konnte ich dank Würfelglück die Tierchen davon überzeugen, meine Feinde anzugreifen, nachdem ich ein Tor geöffnet hatte. Somit hatte ich in den folgenden Kampfsituationen weitere Helfer, die ich nicht steuern konnte, aber mich spürbar unterstützt haben.

Bei all den Möglichkeiten hat mich besonders fasziniert, das ich auch die Umgebung für mich nutzen kann. Irgendetwas ist eingefroren – warum tauen wir es nicht mit einem Feuerzauber auf und schauen mal, was passiert? Oder der Gegner steht auf Spinnnetzen über einen Abgrund? Mal sehen, wie er den Fall in den Abgrund findet. Viele Sachen lassen sich durch um die Ecke denken anders lösen, als man es konventionell aus Spielen kennt und erwartet.

Auch die Optik und die Soundqualität sind absolut stimmig. Die Welt wird super präsentiert, die Zwischensequenzen fügen sich perfekt ein und alles wird malerisch vertont. Auch die englischen Sprecher überzeugen mit der Qualität. Besonders positiv aufgefallen ist mir die Erzählerin – hier habe ich mich an meine Pen & Paper Runde erinnert gefühlt, bei der unser Dungeonmaster auch immer wieder durch kleinere Beschreibungen die Geschichte vorantreibt. Allerdings sind die Stimmen nur auf englisch verfügbar; aber mit verschiedenen Untertiteln, sodass es eigentlich kein Problem ist.

Doch wie Fehleranfällig ist ein Spiel, das nicht nur mehrere hundert Stunden Spielzeit, sondern auch eine unglaubliche Vielfalt an Möglichkeiten und Fertigkeiten bietet? Nach über 30 Stunden Spielzeit hatte ich bisher nur einen einzigen Bug – und das war lediglich ein grafisches Problem, bei dem der Bart eines Charakters in seinen Oberkörper verschwand. Das zieht kurzzeitig aus der Immersion, ist aber nichts, was ich jetzt als Kritik betrachten würde – sowas kann vorkommen. Darüber hinaus ist das Spiel fehlerfrei und lässt sich gut und flüssig spielen. Auch bei den Ladezeiten habe ich das Gefühl, das es extrem gut und flüssig lädt.

Auch besonders für ein Spiel dieser Größenordnung: Die Community ist unglaublich aktiv, was Modifikationen (Mods) angeht. Durch den langen Early Access und die vielen Möglichkeiten, hat sich die Community hier über die letzten Jahre aktiv bemüht. Davon profitiert man jetzt nach dem Release, da die bekannten Mods einfach nur aktualisiert wurden und weiter genutzt werden konnten. Bisher hatte ich auch mit Mods keine Fehler oder Bugs, aber auszuschließen ist das natürlich nicht. Jedoch fügen diese sich gekonnt in die Welt ein.

Wer also Bock hat auf ein unglaublich tiefgehendes Rollenspiel mit gefühlt unendlichen Möglichkeiten der Gestaltung und Umsetzung, der wird mit Baldurs Gate 3 absolut glücklich. Besonders auch, weil uns drei verschiedene Schwierigkeitsgrade dazu einladen, unser ganz eigenes Spiel zu generieren. Mehr Story? Lieber ausgeglichen oder doch der harte Kampf? Alles möglich. Was hier nicht geht, wird auch nicht gebraucht. Kombiniert mit wundervoller Grafik und einer gekonnten Vertonung, bekommt man hier für aktuell 59,99 Euro eine Welt voller Abenteuer – und ohne Mikrotransaktionen! Ihr könnt hier noch für 10 Euro die Deluxe Edition erstehen, welche euch ein paar besondere Items in eure Lagertruhe wirft und Zugriff auf Charakterbögen als PDF erlaubt. Als DnD Fan kann das durchaus reizvoll sein. Aber Achtung: Aktuell ist Baldurs Gate 3 nur für den PC verfügbar; die PlayStation erhält dieses Meisterwerk Anfang September. Die Entwickler selbst haben in einem Interview mal betont, das es etwa 100 Stunden Spielzeit braucht, wenn ihr euch nur auf die Hauptgeschichte konzentriert. Wer wie ich ist, der wird hier definitiv mehr brauchen. Aktuell bin ich bei über 30 Stunden und immer noch in Kapitel 1 unterwegs. Wer weiß, was meine Heldentruppe noch erwartet. Hier muss wohl noch ein Update her, wenn ich dann das erste Kapitel durchgespielt habe. Immerhin bin ich auch erst Level 4 von maximal 13 möglichen – also noch viel Potential, das von mir entdeckt werden will.

Review – Baldurs Gate 3 – Mehr als nur ein einfaches Rollenspiel
9.5
Grafik
9.5
Sound
9.5
Steuerung
10
Spiele Spaß
10
Preis Leistung
Gesamtwertung 9.7 / 10
Unser Fazit
Was soll man dazu sagen? Baldurs Gate 3 ist ein Ausnahmespiel. So etwas, wie das Meisterwerk von Larian Studios, werden wir in den kommenden Jahren nicht mehr erhalten. Hier haben Fans etwas für Fans erschaffen, was man jede Sekunde im Spiel spürt und sieht. Bleibt nur zu hoffen, das die Community hier nicht die Erwartungshaltung für kommende Titel ins unermessliche wachsen lässt.

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Aktualisiert am 25. April 2024 01:24
Michael Barkow
Michael Barkowhttps://www.twitch.tv/gutertag_streaming
1989 erblickte ich das Licht dieser Welt - und bereits 1998 entdeckte ich das Zocken; damals noch mit Command & Conquer: Alarmstufe Rot von 1996. Seitdem bekommt mich die Gamingwelt nicht mehr los. 2005 begann dann für mich die Reise in World of Warcraft und die MMO-Szene hatte mich begeistert. Seitdem habe ich vieles gesehen und erlebt und hüpfe immer mal wieder von einem zum anderen MMO, da ich es nie ganz sein lassen kann. Mit meiner 2015 geborenen Tochter habe ich aber etwas gefunden, dass noch mehr Interesse und Begeisterung weckt. Da das Leben mit Familie tagsüber fesselt, habe ich das Streamen und Zocken am Abend für mich entdeckt. Somit bekommt das Zocken weiterhin seinen Platz in meinem Alltag.

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