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Donnerstag, Dezember 18, 2025

Review – Ghost of Yōtei im Test

Mit Ghost of Yōtei liefert Sucker Punch ein Meisterwerk, das vertraut wirkt und dennoch neue Wege geht. Drei Jahrhunderte nach den Ereignissen von Ghost of Tsushima führt uns das Spiel in die karge, verschneite Landschaft Hokkaidōs – eine Welt, die zugleich wunderschön und gnadenlos ist. Der Spieler schlüpft in die Rolle der Ronin Atsu, einer gezeichneten Kriegerin, deren Reise von Verlust, Vergeltung und der Suche nach innerem Frieden bestimmt ist. Schon die ersten Minuten machen klar: Dieses Abenteuer will mehr sein als nur ein weiteres Samurai-Epos. Es ist ein meditatives, oft melancholisches Erlebnis über das Menschsein im Angesicht von Krieg und Natur.

Das Setting ist ohne Zweifel einer der größten Stars des Spiels. Die eisigen Ebenen, der dichte Schneefall, der majestätische Vulkan Yōtei im Hintergrund – all das erschafft eine Kulisse, die fast lebendig wirkt. Während der Vorgänger auf satten Farben und sommerlichen Landschaften aufbaute, zieht Yōtei seine Kraft aus Stille und Kontrast. Jeder Sonnenstrahl, der durch den Nebel bricht, wirkt wie ein Versprechen auf Hoffnung in einer Welt der Vergänglichkeit. Die Natur ist kein bloßes Bühnenbild, sondern Teil der Erzählung. Sie widersetzt sich, sie verschlingt, sie prüft den Spieler.

Besonders eindrucksvoll ist, wie das Spiel mit Wetter, Licht und Musik arbeitet. Schneestürme begrenzen die Sicht und erzeugen Spannung, während in ruhigeren Momenten das Knirschen des Schnees und das leise Rauschen des Windes eine meditative Ruhe schaffen. Ghost of Yōtei fängt diese Balance perfekt ein – zwischen epischer Größe und intimer Einsamkeit.

Atsu ist eine Protagonistin, die sich bewusst von Jin Sakai unterscheidet. Sie ist keine Adlige, keine Heldin im klassischen Sinne. Sie ist eine Überlebende – jemand, der zwischen Moral und Überlebensinstinkt schwankt. Ihre Geschichte beginnt als blutiges Rache-Epos, verwandelt sich aber zunehmend in eine Suche nach Identität. Wer ist sie, wenn der Kampf endet? Was bedeutet Ehre, wenn es kein Zuhause mehr gibt?

Die Charakterentwicklung ist stark erzählt. Dialoge sind spärlich, aber bedeutsam. Die Zwischensequenzen wirken filmisch, fast poetisch. Atsus Mimik, ihre Haltung und ihre Entscheidungen erzählen oft mehr als Worte es könnten. Sie ist verletzlich, wütend, stolz – und gerade dadurch glaubwürdig.

Auch die Nebenfiguren, die man auf der Reise trifft, sind sorgfältig gezeichnet: von alten Kriegern, die den Glauben an den Kodex verloren haben, bis hin zu einfachen Bauern, die zwischen Rebellion und Angst leben. Das Spiel erzählt keine Geschichten über Helden, sondern über Menschen, die versuchen, im Chaos zu überleben.

Das Kampfsystem ist der zentrale Motor des Spiels – und eines der besten, die Sucker Punch je geschaffen hat. Es ist schneller, wuchtiger und präziser als im Vorgänger. Jeder Schlag hat Gewicht, jede Parade Timing. Der Spieler kann mehrere Kampfstile meistern, zwischen Schwertern, Speeren und Dolchen wechseln und sogar improvisierte Waffen einsetzen. Besonders gelungen sind die neuen „Duell-Momente“: Inszenierte Einzelkämpfe, in denen jede Bewegung zählt und die Kamera das Geschehen filmisch einfängt.

Doch Yōtei verlangt Geduld. Wer unbedacht in die Menge stürmt, wird bestraft. Es ist ein Tanz aus Angriff und Verteidigung, aus Mut und Kontrolle. Und genau darin liegt die Faszination. Die Gegner sind klüger geworden, nutzen das Terrain, locken in Fallen. Neben dem offenen Kampf gibt es wieder viele leise Wege: Schleichen durch Wälder, Attentate aus dem Schatten, oder das lautlose Ausschalten ganzer Lager. Hier spielt Yōtei seine Stärke aus – es zwingt dich nicht, ein bestimmter Typ Krieger zu sein. Du entscheidest selbst, was „Ehre“ bedeutet.

Die Welt von Ghost of Yōtei ist riesig, aber nie leer. Statt übermäßig vieler Icons auf der Karte setzt das Spiel stärker auf organische Erkundung. Der Wind, Tiere oder visuelle Hinweise führen den Spieler zu Geheimnissen, Schreinen oder verfallenen Tempeln. Dieses System sorgt für ein flüssigeres, natürlicheres Erlebnis.

Viele Nebenquests sind kleiner und persönlicher gehalten. Sie erzählen von Verlust, Schuld oder Hoffnung – oft mit bitterem Nachgeschmack. Statt Sammelaufgaben dominiert erzählerische Tiefe. Einige Missionen sind herausragend inszeniert, andere dienen eher als ruhige Zwischentöne, um die Welt atmen zu lassen.

Technisch beeindruckt die PS5-Version mit atemberaubender Weitsicht, butterweichen Animationen und einer Detailfülle, die selbst bei langsamerem Tempo belohnt. Jeder Felsen, jede Schneeflocke wirkt handgezeichnet. Die Performance bleibt stabil, selbst in großen Schlachten. Nur selten schleichen sich kleinere Kamera-Patzer ein.

Der Soundtrack von Ghost of Yōtei ist eine Symphonie aus Stille und Sturm. Traditionelle japanische Instrumente treffen auf orchestrale Spannungsbögen. In ruhigen Momenten dominiert Minimalismus – eine einzelne Flöte, das Knacken von Eis, der Ruf eines Vogels. In Kämpfen dagegen explodiert der Klangraum, treibt das Adrenalin an und verschmilzt mit der Choreografie des Spiels.

Das Sounddesign ist präzise wie ein Schwertschlag. Jeder Treffer klingt anders, abhängig von Waffe, Untergrund und Haltung. Auch die Sprachausgabe verdient Lob: Die japanische Originalvertonung vermittelt Emotionen authentisch, während die deutsche Fassung solide übersetzt ist, wenn auch etwas weniger intensiv. Gemeinsam erzeugen Bild und Ton eine Atmosphäre, die sich tief ins Gedächtnis brennt. Yōtei fühlt sich oft weniger wie ein Spiel, sondern wie eine filmische Meditation über Ehre, Schuld und Vergebung an.

So beeindruckend das Gesamtpaket ist, Ghost of Yōtei wiederholt einige bekannte Muster. Manche Nebenmissionen wirken austauschbar, einige Spielmechaniken – etwa das Befreien von Außenposten oder Sammelobjekte – erinnern stark an den Vorgänger. Die Balance zwischen erzählerischer Tiefe und Open-World-Routine gelingt nicht immer perfekt. Auch das Pacing könnte stellenweise straffer sein. Die Geschichte nimmt sich viel Zeit, und wer schnelle Fortschritte erwartet, könnte ungeduldig werden. Dennoch wirkt diese Langsamkeit oft bewusst gewählt – als Teil der emotionalen Reise.

Ghost of Yōtei ist kein radikaler Neuanfang, sondern eine konsequente Weiterentwicklung. Es verbindet das cineastische Flair und die emotionale Tiefe des Vorgängers mit einer raueren, introspektiveren Tonalität. Das Ergebnis ist ein Spiel, das beeindruckt, berührt und zugleich Demut verlangt.

Es ist ein Erlebnis, das weniger auf Spektakel setzt als auf Atmosphäre, weniger auf laute Momente als auf leise Größe. Der Schnee, der Wind, der ferne Klang eines Tempelgongs – all das erzählt hier Geschichten. Wer Geduld und Sinn für Ästhetik mitbringt, wird in Ghost of Yōtei eine der eindrucksvollsten Reisen dieser Generation erleben. Es ist ein Spiel über Rache, das letztlich Frieden sucht – und ein Beweis dafür, dass große Geschichten auch im Flüstern erzählt werden können. Für mich war und ist es eine kleine Erlebnisreise gewesen, die ich jedem nur empfehlen kann.

Review – Ghost of Yōtei im Test
9
Grafik
8.5
Sound
8
Steuerung
8.5
Spiele Spaß
8
Preis Leistung
Gesamtwertung 8.4 / 10
Unser Fazit
Es fühlt sich wirklich wie eine schöne Ergänzung an. Das Spiel nutzt die guten Elemente des Vorgängers und baut die Schwächen aus.

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Michael Barkow
Michael Barkowhttps://www.twitch.tv/gutertag_streaming
1989 erblickte ich das Licht dieser Welt - und bereits 1998 entdeckte ich das Zocken; damals noch mit Command & Conquer: Alarmstufe Rot von 1996. Seitdem bekommt mich die Gamingwelt nicht mehr los. 2005 begann dann für mich die Reise in World of Warcraft und die MMO-Szene hatte mich begeistert. Seitdem habe ich vieles gesehen und erlebt und hüpfe immer mal wieder von einem zum anderen MMO, da ich es nie ganz sein lassen kann. Mit meiner 2015 geborenen Tochter habe ich aber etwas gefunden, dass noch mehr Interesse und Begeisterung weckt. Da das Leben mit Familie tagsüber fesselt, habe ich das Streamen und Zocken am Abend für mich entdeckt. Somit bekommt das Zocken weiterhin seinen Platz in meinem Alltag.

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